Start Archiv - Rund um die Schule Nachlese: Besuch des ehemaligen Verteidigungsministers Jung an der Rheingauschule
Nachlese: Besuch des ehemaligen Verteidigungsministers Jung an der Rheingauschule PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Baris Aldemir, Dilan Cicek, Ina Rehor, Eva Meyer   
Freitag, den 25. Februar 2011 um 11:02 Uhr

Jung3Am 16.02.2011 stellte der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Verteidigungsminister, Herr Dr. Franz Josef Jung, sein Buch „ Die letzten Tage der Teilung - Wie die deutsche Einheit gelang“ an der Rheingauschule vor. Von 9.30 Uhr bis 11.15 Uhr hatten sich die Schüler der Jahrgangsstufe 13 in der Aula versammelt, auch einige Lehrer waren anwesend.

In seiner einleitenden Rede erwähnte unser Schulleiter, Herr Drollinger, dass der Bundestagsabgeordnete Jung sein Abitur vor 43 Jahren an unserer Schule erfolgreich ablegte. Herr Drollinger zitierte aus Jungs schriftlichem Deutschabitur, in dem sich dieser bereits mit der europäischen Ordnung und Integration in der Zeit des Kalten Krieges auseinandersetzte. Jung selbst bezeichnet es als ein schönes Ereignis, wieder die Rheingauschule zu besuchen, da sie ein „Stück Heimat“ sei.

Bevor Jung Inhalte seines Buches – teils lesend, teils erzählend – vorstellte, verdeutlichte er, dass der Ursprung seines Interesses an dem im Buch behandelten Thema in seiner Abschlussfahrt nach Berlin 1967 liege. Geprägt durch Erfahrungen, wie beispielsweise Diskussionen am Potsdamer Platz, wo man von einer Aussichtsplattform auf den „Todesstreifen“ blicken konnte, entschloss er sich, ausgehend von Tagebucheinträgen, sein Buch zu schreiben.

Der Zeitraum eines halben Jahres vom 18. September 1989 bis zum 18. März 1990 war für ihn entscheidend für den deutsch-deutschen Einigungsprozess.  Am 18. September 1989 veröffentlichte die FAZ einen sogenannten „Weimarer Brief“, in dem sich führende Mitglieder der Ost-CDU („Blockpartei“) für Meinungs- und Pressefreiheit sowie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in der DDR aussprachen. Franz Josef Jung stand fortan mit den Unterzeichnern (u.a. Lieberknecht, heutige Ministerpräsidentin Thüringens) in Kontakt, welcher bei einem Treffen am 9. November 1989 in Ostberlin, an dem auch der spätere und letzte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière, teilnahm, weiter ausgebaut wurde. Jung betonte, dass die hessische CDU – im Gegensatz zur Auffassung des damaligen CDU-Generalsekretärs Volker Rühe – den Reformprozess der Ost-CDU begleiten wollte. Am 1.2. wurde das von der West-CDU sehr stark unterstützte Wahlbündnis „Allianz für Deutschland“ (zunächst in Thüringen) gegründet, das aus den letzten Volkskammerwahlen der DDR am 18.März 1989 als Sieger hervorging (48 Prozent). Dass Angela Merkel Mitglied im „Demokratischen Aufbruch“ war, der  in der „Allianz für Deutschland“ beziehungsweise später der CDU sozusagen aufging, betrachtet Jung heute als glückliche Fügung.

Nach dem Fall der Mauer, waren für Jung der treibende Motor der Wiedervereinigung der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl sowie Gorbatschow und George Bush Senior. Dass Jung Helmut Kohl sehr nahe stand, beweist seine Kenntnis des Zehn-Punkte-Planes, den Kohl erarbeitet hatte und von dessen Existenz zunächst nicht einmal sein Außenminister Genscher wusste. Jung betrachtet die Zeit des Umbruchs in seinem Buch als die spannendste und glücklichste Zeit seines Politikerlebens, er ist stolz, in dieser Zeit „seinen Beitrag geleistet zu haben“.

Jung1Die erste Frage in der Diskussionsrunde stellte der Vertrauens- und Geschichtslehrer Herr Schunk, der selbst in der ehemaligen DDR aufgewachsen ist. Kritisierend stellte er die Reduzierung der Geschichtsschreibung auf wenige mächtige Staatsoberhäupter in Frage. Vielmehr sei die Wiedervereinigung auf die Bevölkerung der DDR und deren revolutionären Gedanken zurückzuführen. Weiterhin war seitens der Schüler eine rege Beteiligung an der Diskussionsrunde vorhanden. Jung unterstrich, dass er durchaus „blühende Landschaften“ in den neuen Bundesländern erkenne. Im Zusammenhang mit aufkommender Kritik an der Finanzierungsweise der Einheit verwies Jung auf die falschen Grundinformationen, die die Bundesrepublik über die Wirtschaftskraft der DDR bekommen habe sowie auf die seiner Meinung nach nicht haltbare Position Lafontaines, von dem man den Eindruck gehabt habe, „er hätte die Mauer beinahe wieder hochziehen wollen“.

„Afghanistan ist ein schwieriger Weg“, so leitete der ehemalige Verteidigungsminister seine Stellungnahme zum nächsten Thema, Bundeswehr und Auslandseinsätze, ein. Dabei wurde seine CDU-orientierte politische Einstellung bezüglich der Erhaltung der Wehrpflicht und Unterstützung des Afghanistaneinsatzes deutlich. Als Rechtfertigung des Afghanistaneinsatzes betonte er die Wahrung der internationalen Sicherheit durch die Bekämpfung der Taliban und Entwicklung der Bevölkerung. Hierbei ist fraglich, ob das Vorgehen gegen die Taliban die internationale Sicherheit fördert, da diese nur national tätig sind. Weitergehend konkretisierte er die Rechtfertigung des Einsatzes mit dem vertrauenswürdigen und souveränen Auftreten der deutschen Soldaten.

Ausgehend von eigenen Erfahrungen, machte er die Aussage, dass er die Wehrpflicht nicht abgeschafft hätte (wobei er Fragen der Wehrgerechtigkeit hier unbeachtet ließ). In den Koalitionsverhandlungen sei ihm als dem in diesem Bereich zuständigem Verhandlungsführer der Union bereits der Kompromiss von sechs Monaten abgehandelt worden.

Es folgte eine ansatzweise hitzige Fragerunde, in der Fragen aufkamen, wie zum Beispiel über das Abzugsdatum aus Afghanistan, die Einführung eines Europaheeres sowie die Einführung einer Rekrutierung ausländischer Mitbürger. Aus Zeitmangel konnten die gestellten Fragen nicht ausführlich beantwortet werden und der Besuch neigte sich dem Ende zu.

Als Abschluss und obligatorisches Dankeschön überreichte Herr Drollinger Herrn Jung unseren Schulwein und fügte als Überraschung eine Fotokopie der erfolgreich bestandenen Abiturprüfung im Fach Deutsch hinzu.

Baris Aldemir, Dilan Cicek, Ina Rehor, Eva Meyer (Jahrgangsstufe 13)

link-iconBegrüßungsrede des Schulleiters anlässlich der Autorenlesung Franz Josef Jungs