Vernissage der drei Leistungskurse Kunst
Die Vernissage der drei Leistungskurse Kunst fand am 13. Dezember in der Rheingauschule statt, es wurden zwei unterschiedliche Themen in den Techniken Malerei und Fotografie präsentiert: die Themen waren zum einen die Beziehung zwischen Mensch und Tier (LK Frau Kissel Q1), zum anderen Frauenbilder (LK’s Frau Dörr und Herr Sobotta Q3). Die Ausstellungen sind weiterhin im Schulgebäude (Westgebäude und Hauptgebäude) präsent.
„Tierisch gut“ – „Ich – in Beziehung zu Tieren“
Die 19 Schülerinnen des LK’s von Frau Kissel haben aus einer Reihe von Themen gewählt: sie interessierten sich vornehmlich für die Beziehung zum Tier, mit der Begründung, dies sei ein Thema, das ihnen im Alltag, aber auch in Diskussionen innerhalb der Schule immer wieder begegne und somit auf den Nägeln brenne.
Ziel war es, eine malerische Lösung zu finden für einen von jeder Schülerin selbst ausgewählten Teilaspekt. Während der Ideenfindungsphase setzten sie sich mit Problemstellungen, Fakten und Meinungen auseinander und entwickelten hieraus eigene Standpunkte. Der documenta-Besuch zu Beginn des Schuljahres gab weitere Anregungen, da die Leiterin der documenta ebenfalls die Beziehung Mensch-Tier, das Menschenbild in Bezug auf andere Lebewesen und Natur, als großes Thema in ihr Manifest einbezog. Aktualitätsbezug und Schülerorientierung schienen somit bei dem gewählten Thema umgesetzt.
Der schulische Arbeitsprozess bestand aus der Vorstellung der Bildkonzepte, dem gemeinsamen Bau der Keilrahmen und dem Aufziehen der Leinwand, zwei Zwischenbesprechungen, der kontinuierlichen Arbeit im Skizzenbuch und der gemeinsamen Abschlussbesprechung. Der Kunstsaal wurde zu einem Ideenraum für den Austausch von kreativen Konzepten und kollegialer Beratung, eine Art geistiges Atelier. Die Praxis forderte jedoch ein Höchstmaß an Selbständigkeit und Eigeninitiative. Acrylfarbe und Ölfarbe waren alternativ wählbar.
Es sind verschiedenste Arbeiten bezüglich des Aussagegehalts sowie der malerischen Qualität entstanden. In den Werken tauchen die Themen „Tier als Nahrungsmittel“, „Tier als Material für Kleidungsstücke“, „Tier als Forschungsobjekt“, „Tiere als Teil einer Unterhaltungskultur“ (Comic, Zoo) und, ganz allgemein, „das Animalische im Menschen“ auf.
Die Umsetzung der Bildkonzepte wurde von den Schülerinnen zu Hause bewältigt. Sie berichteten von Chaos und sich im Raum verselbstständigenden Farbspuren. Doch viele sehr gute Arbeiten bestätigen dann das, was Nietzsche einmal sagte: „Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern zu gebären.“
Bezüglich des Malerischen haben die Schülerinnen in den Zwischenbesprechungen Probleme geäußert und es wurden gemeinsam Lösungswege besprochen. Farbkonzepte wurden überdacht, perspektivische Richtigkeit gefordert, Aussageabsichten überprüft etc. Am Ende kann auch dies gesagt werden: Hardwork beats talent if talent doesn't work hard.
Hier nun einige Gedanken zum Thema „Beziehung Mensch-Tier“ aus der Eröffnungsrede von Frau Kissel:
„Das Thema Mensch Tier ist ziemlich brisant und von aktuellem Interesse. Um etwas Authentisches über das Thema zu erfahren, habe ich erst einmal meinen besten Freund gefragt, der im Kontext von Naturschutz im Selztal (Selztalrinder) in der Nähe von Mainz eine 50-köpfige Hochlandrinderherde betreut. Vor 14 Jahren hat er mit 8 Tieren angefangen, zwischenzeitlich waren es knapp 100 Tiere.
Auf die simple Frage, warum er das tut, gibt er eine ebenso simple Antwort: „Weil seine Hochlandrinder einfacher zu händeln sind, als so mancher zweibeinige Idiot. Wenn sie nichts zu fressen haben, brechen sie aus. Wenn du ihnen zu nahe kommst, dann nehmen sie dich auf die Hörner.“
Dass sie ehrlicher sind als Menschen macht sie zum Sympathieträger, dies war schon Leonardo da Vinci aufgefallen, er schrieb in seine Notizbücher im Jahre 1500: „Obwohl der Mensch mit der Gabe der Sprache gesegnet ist, nutzt er sie zum großen Teil falsch. Tiere haben nur eine reduzierte Sprache, setzen sie aber nützlich und ehrlich ein und ein geringeres aber wahres Wissen ist besser als eine große Lüge.“. Er war absoluter Tierliebhaber und trat für einen ethisch begründeten Vegetarismus ein.
Die Wertschätzung von Tieren war auch Thema von CCB, der Leiterin der diesjährigen documenta: Carolyn Christov-Bakargiev. Dabei kommt ihr eigener Hund ins Spiel, der nette Malteser Darsi. Ihre Symbiose mit Darsi hat längst den Rang eines philosophischen Projekts erreicht: sie fragt sich, wie eigentlich ihr Hund die Welt sieht, oder wie er Kunst sieht. „Die Stellung des Menschen in der Welt müsse zu Gunsten anderer Lebewesen relativiert werden“, meint Christov-Bakargiev. So veröffentlichte sie zur documenta einen Hundekalender. Dass zwischen Tierliebe und Erkenntnistheorie ein so enger Zusammenhang bestehen soll, ist nicht jedem auf Anhieb klar. Das wiederum ist Christov-Bakargiev herzlich egal - die Überforderung so mancher Zweibeiner nimmt sie lächelnd in Kauf. Christov-Bakargiev kritisiert immer wieder die »anthropozentrische Weltsicht«. Es sei wichtig, »eine Perspektive auf die Welt und das Leben zu gewinnen, die nicht nur vom menschlichen Standpunkt ausgeht«, sagt Christov-Bakargiev, auch die ökologische Krise dabei zum Anlass nehmend. Das kann dann auch schon dazu führen, dass sie das Wahlrecht für Hunde fordert und ihnen einen auf dem documenta-Gelände einen eigenen Skulpturengarten widmet. Wer die documenta verfolgt hat, hat bestimmt auch von der Gegenposition gehört, nämlich von Balkenhols Figur mit den ausgebreiteten Armen, die in einen offenen Kirchturm, auf einer goldenen Kugel unter ein Kreuz gestellt wurde. Diese über allem thronende Figur verkehrte die künstlerische Intention der Leiterin der documenta ins Gegenteil und störte sie erheblich.

Ebenso stehen sich in unserer Gesellschaft diese beiden Standpunkte gegenüber. Auf ähnlich wankelmütige Weise wie das Tier im Laufe der Geschichte innerhalb verschiedener Epochen und Kulturen unterschiedlich wahrgenommen wurde, so lässt sich auch die gegenwärtige Situation der Mensch-Tier-Beziehung beschreiben. Vor allem in westlichen Industriegesellschaften handelt es sich um eine paradoxe Situation gegenläufiger Entwicklungen: einerseits werden immer mehr Tierarten ausgerottet, für Tierversuche missbraucht oder verbringen ein qualvolles Leben in der Massentierhaltung um dann bei Lidl oder Aldi im Sonderangebot in der Kühltheke zu landen, andererseits wird das Tier immer stärker als Partner des Menschen angesehen und mitunter sehr verwöhnt. Dies bewegt zu Fragen, intensiven Diskussionen und Auseinandersetzungen.

Zurück zu den Hochlandrindern und meinem besten Freund und seiner Nähe zu den Tieren. Auffällig war schon immer, dass er seinen Rindern Namen gegeben hat. Sternchen, Bruni, Babsy, Luna, Liska…und auch Manni der Deckbulle…. Der Akt der Namensgebung trägt einen besonderen Umgang mit dem Tier in sich und führt dazu, dass ihm bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden. Tiere, die einen Namen besitzen, erhalten mehr Zuneigung, sind näher als unbenannte Tiere. Wir bestätigen mit der Namensgebung seine Individualität, es wird ebenbürtig mit dem Begriff einer Person. Ob sich die Tiere damit wohl fühlen ist eine andere Geschichte. Daraus ergibt sich wiederum die interessante Frage: Möchte ein Tier überhaupt einem Menschen ähnlich sein?
Wenn aber Menschen das Bedürfnis haben, Tiernamen ihren Liebsten, ihren Lebenspartnern zu verpassen, kann das auch auf Unliebe stoßen und völlig in die Hose gehen: hierzu eine Geschichte aus dem Internet: ein gewisser Kalle-Hase (mit seinem Kosenamen übrigens zufrieden) verbrachte mit seiner Freundin Peggy einen netten Abend und bezeichnete sie im Zuge von übermäßigem Merlotkonsum, was wohl zu Aussetzern des Kleinhirns führte, als „meine kleine Miss Piggy“. Dazu kann einem folgendes einfallen: Schweine im Weltall und ein dicker, saftiger Hinterschinken. Das mag vielleicht in den Ohren männlicher Schnitzel-Fans sexy klingen, aber wenn der Kosename Miss Piggy auf das Trommelfell einer Frau trifft, kann das einem Angriff auf ihr Ego gleich kommen. An diesem Punkt, so wird erzählt, war die Symbiose aus Kalle-Hase und Miss Peggy ein für allemal Geschichte, da sagten sich dann quasi Hase und Piggy ein für allemal gute Nacht.
Das Phänomen Hasi, Mausi oder Miss Piggy hat keine der Schülerinnen thematisiert, es scheint also doch nicht mehr so up to date zu sein, vielleicht sogar peinlich.
Insgesamt kann ich sagen, haben mich die Ergebnisse der Schülerinnen in ihrer Vielfalt erfreut, das Thema hat sich bewährt und so manches Kunstwerk ist „tierisch gut“ geworden, wie auch der Titel der Ausstellung verrät. Die Zwischenbesprechungen waren auf höchstem Niveau, was die Bilder in ihrer Qualität steigerte und mich glücklich aus dem Unterricht gehen ließ.
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