Start Archiv - Rund um die Schule Zwischenmenschliche Problem- und Harmoniezonen – „Life is live“
Zwischenmenschliche Problem- und Harmoniezonen – „Life is live“ PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Melissa Kissel   
Montag, den 18. September 2017 um 17:28 Uhr

Aktualisiert! 
Die zur Zeit aus 38 Schülerinnen und Schülern zusammengesetzte Theatergruppe „Peripetia“ der Rheingauschule, unter der Leitung von Timo Schweigert und Marvin Kilian, hat das selbstgeschriebene Stück „Life is live“ an drei Abenden Anfang September 2017 erfolgreich aufgeführt. Die Reaktionen waren vor allem Begeisterung, Amüsement und Respekt für die Leistung.

Emely, die im zweiten Teil eine vornehmlich zickige Frau Schmidd spielt, berichtet von der Entstehung des Stücks: „Die Theatergruppe hat sich zu Beginn des Projekts getroffen, zusammengesetzt und ihre Ideen für das neu geplante Stück in den Raum geworfen; So entstanden Themenfelder, es wurden Situationen erdacht, Rollenporträts geschrieben und Dialoge notiert. Unter der Regie von Marvin Kilian und Timo Schweigert wurde alles dann zu einem Theaterstück verbunden, das aus dem Leben erzählt“ - und –trotz zahlreicher Kürzungen- fast 3 Stunden dauerte.

Doch was meint DAS LEBEN in „Life is live“? In dem Stück geht es um Einblicke ins Familienleben, um „Geschichten, die das Leben schreibt“, so sagt es der Untertitel. Und dabei vor allem um missglückende und problembehaftete Zweierbeziehungen. Als das Spiel nach einem Filmintro, in dem sich die Gruppe vorstellt, beginnt, sehen wir in den Querschnitt eines zweistöckig bespielbaren Hauses, das zwei symmetrisch angelegte Wohnungen beherbergt. In der linken wohnt Familie Schimanski, eine Familie mit Mutter Sabine (Sarah Sadr) und Vater Nobert (John Solger) sowie den Kindern Falko (Daphne Gehrmann) und Jeannette (Johanna Abt). Wir sind im Jahr 1985. Wie so oft im Leben rückt, neben einer Menge an Alltagsdialogen, die fad gewordene Liebe der Eheleute in den Blick. Herr Schimanski lässt sich dann recht schnell mit der nebenan neu eingezogenen und frisch geschiedenen Rosi Hübsch (Laura Sander) auf eine Affäre ein. Flirtszenen, Lügen, eine Flasche Wein, schnelle Verführung, John gibt auf der Bühne alles. Die Ehefrau merkt’s sofort, schmeißt den Ehemann raus und schafft sich mit Arobic –hier sind die Szenen wirklich amüsant- einen Revengebody, den neu geformten Körper, der den eigenen Marktwert wieder steigert und Genugtuung bietet, wenn es den Ex womöglich eifersüchtig macht. Zu Ehe, Betrug und Alltag gesellt sich im Verlauf des ersten Teils die neu entdeckte und vorsichtig gelebte Homosexualität der Tochter sowie die zu Ende gehende Beziehung von Falko, dem Sohn und seiner Mandy (Mila Schroll). Das Neue, der Neue oder die Neue scheinen am Ende auf jeden Fall erstrebenswert. Von den emotionalen Tiefphasen der Protagonisten erfährt man an einem etwas vorgelagerten Spielort: der Leuchtturm links schräg vor der Bühne bietet Schutz und Trost, da dort der Vater von Sabine lebt, der, der das Haus der Schimanskis mal gebaut hat. Der Leuchtturm wird zur Heimat für alle mitgenommenen Seelen. Hier wird der durch die zu vielen Problemzonen überdrehte Alltag im Haus verlangsamt und das Tempo, auch im Sinne des Sprechtempos, rausgenommen. Opa versteht alles, trocknet Tränen und berät geduldig, fast in Zeitlupe: Wenn die Liebe gegangen ist dann geht man am besten auch weiter.

Im zweiten Teil, der 2006 spielt, wird deutlich, dass die Themen sich transgeneral weitertragen und am Ende nur die Kulisse eine andere ist: Die Musik ist nicht mehr Neue Deutsche Welle, es hängen keine Platten mehr an der Wand, Accessoires sind I-pods . Das lesbische Paar, das man aus dem ersten Teil bereits kennt (hier dann Sophie Link und Lena Thon) hat Kinder adoptiert (Saskia Scherf und Lea Heidemann), sie wohnen in der linken Wohnung, sind mit Vorurteilen und Intrigen ihrer Nachbarn konfrontiert. In der rechten Wohnung gibt es zwischen den Eltern (Sarah Di Pace und Pauline Behm) religiöse Konflikte, wenn es um die Wohnzimmerdekoration geht, aber auch dafür gibt es eine ganz praktische Lösung: Om und Kreuz in einem Wandobjekt verbunden, ganz schnell in der eigenen Werkstatt selbstgezimmert: Da das Leben nun mal so ist und auch schnell sichtlich einfache Lösungen gefunden werden können!? Es entstehen wieder Flirts und Intrigen, hier kommt die wunderbar zickig von Emely Freimuth gespielte Frau Schmidd mit Doppel-D ins Spiel und eine Verwechslungsgeschichte mit den Zwillingen Sita und Chantal (Jana Roth und Laura Alves), die von Tyler (Maxim Seth), der den Typ ganz smart und cool aussehen lässt, für ein und dieselbe gehalten werden. Überragend und erfrischend beeindruckt die akrobatische Tanzeinlage von Maxim, der Körperlichkeit auf der Bühne in bester Präsenz und Authentizität gezeigt hat.

Nach der „doctrine classique“ ist das Bühnenstück nicht aufgebaut, es sind viele Geschichten, die sich aneinanderreihen und gleichzeitig sehr viele bekannte Themen anreißen. Am Ende gesellt sich sogar noch eine Detektivgeschichte (Emma Blanvillain) um die gestohlenen I-Pods hinzu. Als das große Licht ausgeht und der Spot auf eine Urne in der Mitte fällt scheint aber eine Katastrophe - durch die schöne Lichtstimmung (Christian Born und David Eichholz) - bedächtig formuliert zu werden: Die Beerdigung des Opas steht an, man glaubt an ein Ende. Wie wird es also weitergehen in dieser Serie, wenn Opa, der für die Harmoniezonen sorgte, nicht mehr da ist? Doch das Ende des Stücks ist es nicht, denn die anschließende Heirat der beiden Frauen schafft nun eine neue Harmoniezone, ein Happy End.

Insgesamt eine herausragende Leistung der Schülerinnen und Schüler, die ihren persönlichen Blick aufs Leben offenbart, so viel Text gelernt, die ein so tolles Bühnenbild in den Osterferien an drei Tagen aufgebaut haben und am Ende noch ein Stückchen Zahn lassen mussten. Nicht zu vergessen die Musiker, die leider versteckt hinter der Bühne Musik gemacht haben (Verantwortung haben hier besonders Efraim Dahl, Tanja Bergknecht und Marco Schubbach übernommen), die vielen beteiligten Schauspieler, die hier nicht genannt wurden und ein Extralob geht an die Schüler, die auf der Bühne den Mut hatten zu singen. Nach dem Schlussapplaus der Premiere ging ein besonderer Dank von den Schülern an Ihre Regisseure: Marvin, die Stütze im Rheingau, und Timo, der „aus einem Mädchen einen Jungen gemacht hat“.

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